Bilder der Sinnlichkeit und Sehnsüchte
Fellbach Das Theater Vanemuine aus Estland hat einen Ballettabend sprudelnder Lebensfreunde präsentiert.
Die prächtigen barocken Roben mit ihrem symbolbeladenen Kopfschmuck deuteten einen historischen Rahmen bei „Casanova“ nur an. Getanzt wurde am Dienstag vor mehr als 900 Besuchern in einer fast vollständig besetzten Schwabenlandhalle nicht mit dem Ballast schweren Brokats. Als sich die gespielten Damen ihrer gesellschaftlichen Rolle ebenso wie ihren Roben entledigten, ließ Choreograf David Sonnenbluck die Tanzkompanie des Theaters Vanemuine aus Tartu einen unaufhörlichen wilden Reigen von Verlockungen und Verführungen tanzen, ein Bilderbogen der Sinnlichkeit, erfüllter ebenso wie unerfüllter Sehnsüchte und intensiver Lüste.
Vorwiegend waren dies auf Seite der Frauen temporär ausgelebte Seitensprünge, wie angedeutet wurde. Das Casanova-Thema erschien dennoch nurmehr das Dekor für ein sinnliches Spektakel über die zeitlose Anziehung der Geschlechter. Es bescherte aber dem Zuschauer einen zusätzlichen Genuss für das Auge durch die beeindruckenden historischen Kostüme Mare Tommingas’.
In der nicht durch ständige Höchstschwierigkeiten auffallenden Choreografie, die auch nicht durch noch nie gesehene Figuren herausragt, konnte das junge Ensemble durchweg mit seiner sprühenden Lebensfreude und Konzentriertheit ausgesprochen gut gefallen, sodass das Publikum am Schluss anhaltend laut, pfeifend und jubelnd applaudierte. Einzig Anthony Maloney in der expressiven Titelrolle wurde mit einigen Bravo-Rufen darüber noch herausgehoben.
Noch am selben Abend diesen tänzerischen Höhepunkts im Europäischen Kultursommers veranstaltete Oberbürgermeister Christoph Palm einen Empfang im Rathaussaal für die Ensemblemitglieder und ihre Crew aus Estland sowie die von weit her angereisten Ehrengäste, darunter den estnischen Kulturstaatssekretär Paavo Nõgene und Sirje Winding-Frauenlob, die Honorarkonsulin der Republik Estland in Salzburg. Den hohen Stellenwert dieses Festivalauftritts auch für die Gäste unterstreicht, dass Mare Tommingas, Leiterin des Balletts, Toomas Peterson, Geschäftsführer des Theaters und der belgische Choreograf eigens angereist waren.